KONKRETE KUNST

Sehenswerte Ausstellungen und wichtige Häuser die sich der Kunstform und deren Künstler widmen


Links: André Evard, aus der Serie „Symphonia“, 1924, Öl auf Leinwand, 25,5 x 33,5 cm, Kunsthalle Messmer

Rechts: Richard Paul Lohse, „15 systematische Farbreihen“, 1955-69, 115 x 115 cm, Galerie & Edition Hoffmann


Konkrete Kunst ist eine unmittelbare, auf sinnliches Erleben angelegte Kunstrichtung, die auch ohne jedes Vorwissen, aber notwendigerweise auch ohne Vorurteile, erfassbar ist. Es ist eine ungegenständliche Kunst in Malerei, Plastik, Film oder Installationen, die nicht die sichtbare Welt abbilden möchte. Daher kommen den Farben, Formen, der Linie und erweitert auch den Materialien eine besondere Bedeutung zu. Am Anfang stand 1915 das Gemälde „Schwarzes Quadrat“ des russischen Künstlers Kasimir Malewitsch, das bis heute als radikaler Bruch mit einer bis dahin gültigen Kunsttradition gesehen wird. 

 

Mit der Ausstellung „Kunst und Buch: Wolfram Ullrich“ ist bis 19. April 2020 die letzte Präsentation der Ausstellungsreihe im Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt, zu sehen, die mit Peter Weber, Günter Fruhtrunk und nun Wolfram Ullrich drei Größen der Konkreten Kunst und die erst jüngst veröffentlichten Publikationen zu ihrem Werk vorstellt. Wolfram Ullrich verblüfft das Publikum mit seiner perfektionierten Augentäuscherei. Die nur minimal erhobenen Reliefs scheinen dank seiner raffinierten Technik eine große Körperlichkeit zu entwickeln und in den Raum hineinzuragen. Dynamische Anordnungen der meist mehrteiligen Arbeiten verändern die gesamte Raumwahrnehmung. Was sich schwer in Worte und mit der Fotografie einfangen lässt, kann man nur körperlich und persönlich in der Ausstellung erfahren. 

Noch bis 19. April 2020 ist weiterhin die Ausstellung „Brunnquell. Lampendesign aus Ingolstadt“ zu sehen. Die Stiftung für Konkrete Kunst und Design, die am MKK beheimatet ist, bewahrt und pflegt seit 2017 das Erbe der Firma Brunnquell. Brunnquell verkörpert eine deutsche Erfolgsgeschichte des Industriedesigns der 1960er und 1970er Jahre. Insbesondere ist sie mit einer der wenigen Frauen des Produktdesigns verbunden: Traudl Brunnquell (1919-2010), die mit Designgrößen wie Wilhelm Wagenfeld zusammengearbeitet hat. Im Zentrum der Ausstellung steht das Lampendesign der Firma, das bedeutende Einflüsse auf die Gestaltung von Wohnwelten in Nachkriegsdeutschland genommen hat.. Die dritte aktuelle Schau präsentiert noch bis 26. Januar Arbeiten des konkreten Künstlers Hans Jörg Glattfelder, der in diesem Jahr 80 Jahre alt wird. Der Schweizer beschäftigt sich in seiner streng geometrischen Arbeitsweise mit wissenschaftlichen Raumdefinitionen. 

www.mkk-ingolstadt.de

 

Die Edition & Galerie Hoffmann im hessischen Friedberg versteht sich als Dokumentationszenzentrum konstruktiver, konkreter, systematischer und experimenteller Kunst. Sie zeigt  Werke internationaler Künstler des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Galerie, die seit bereits seit über 50 Jahren besteht und 1994 mit dem Hessischen Kulturpreis ausgezeichnet wurde, arbeitet in zwei benachbarten ehemaligen Industriebauten. Hier wird Kunst auf ca. 900 Quadratmetern  gezeigt. Die Galerie & Edition Hoffmann druckt und zeigt die Werke von Pionieren und Entdeckern der experimentellen Kunst wie R.P.Lohse, Rupprecht Geiger, Leon Polk Smith, Heijo Hangen, Herman Glöckner, Aurelie Nemours, Ryszard Winiarski, Peter Vogel , Jan van Munster, Gianni Colombo, Anton Stankowski und Soto in Form von Malerei, Skulptur, Lichtobjekten und Kinetik. Die aktuellen Präsentationen zeigen Heijo Hangen und Anett Frontzek (bis 14. Juni 20 in der Görbelheimer Mühle) sowie Jan Meyer-Rogge und Mehdi Moutashar (bis 22. März 20 in der Ausstellungshalle Friedberg-Ossenheim).

www.galeriehoffmann.de

 

Zum Schaffen des Bottroper Künstlers Josef Albers (1888-1976) gehören zahlreiche Werke der Konkreten Kunst. Albers ging 1920 ans Bauhaus nach Weimar, wurde 1925 mit dem Umzug des Bauhauses nach Dessau „Bauhausmeister“ und 1930 stellvertrender Direktor. Grundelemente der Bauhausarchitektur und eine Anlehnung an Josef Albers‘ große Serie „Homage to the Square sind die architektonischen Ausgangspunkte des Museumszentrum Quadrat in Bottrop, dass sich mit dem Josef Albers Museum dem Werk des Künstlers widmet. Albers´ Aufbruch in die Moderne – vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs und den Jahren danach – stehen im Mittelpunkt der aktuellen Ausstellung „100 Jahre Bauhaus: Der junge Josef Albers. Aufbruch in die Moderne“, die noch bis zum 12. Januar 2020 zu sehen ist. Im Zentrum der Präsentation stehen frühe Zeichnungen, wie Porträts und Landschaften, einige Gemälde und Aquarelle, insbesondere Blumenstillleben. Ausgewählte Werke seiner Lehrer an den Akademien in Berlin und München und der Kunstgewerbeschule in Essen sowie Arbeiten aus der großartigen Sammlung des damaligen Folkwang Museums in Hagen werden in ausgewählten Beispielen gemeinsam mit seinen Werken gezeigt.

www.bottrop.de

 

Der schweizer Künstler Jean André Evard (1876-1972) hat ein beachtliches Lebenswerk geschaffen, seine besondere Bedeutung liegt im Bereich der konstruktiven Kunst. Evard zählt zu den ersten Künstlern, die nicht figurativ gearbeitet haben, sein Werk umfasst zahlreiche konkrete Arbeiten. Im Laufe seines Lebens entstanden Hunderte von Ölgemälden, eine große Zahl an Zeichnungen sowie ca. 2000 bis 3000 Aquarelle und Gouachen.  Die Foundation Messmer in Riegel ist Eigentümer eines bedeutenden Teils der Arbeiten Evards und macht die Werke seitdem in der Kunsthalle Messmer in Riegel durch Ausstellungen bekannt. Seit 2007 lobt die Kunsthalle alle 2–3 Jahre auch den Internationalen André Evard Preis für zeitgenössische Konkrete und Konstruktive Kunst aus, der mit 10.000 Euro dotiert ist.

www.kunsthallemessmer.de

 

Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck in Remagen ist der Kunst Hans Arps und dessen Frau Sophie Taeuber-Arp gewidmet, die zu den bedeutendsten Künstlern der Avantgarde im 20. Jahrhundert zählen. Als Pioniere der abstrakten Kunst schufen sie ein einzigartiges Werk. Die Künstler lernten sich 1915 in Zürich kennen. Obwohl sie Grundwerte und Einstellungen zur Kunst teilten, ist ihr künstlerisches Schaffen sehr unterschiedlich. Beide waren jedoch offen und undogmatisch. Dies zeigt sich auch in einigen Werken, die sie gemeinsam schufen. Der Schaffensprozess Hans Arp´s biomorphen Skulpturen steht in der Ausstellung „Die Natur ist eine versteinerte Zauberstadt“, noch bis 5. Januar 2020 zu sehen, im Fokus. Insbesondere das Atelier als Ort der kreativen Schöpfung soll beleuchtet werden. Gipsmodelle, Werkzeuge und Gussformen lassen den Prozess der Entstehung lebendig werden. Neben den eigentlichen Werken – aus Bronze, Holz, Kalkstein, Marmor und Zement – sind es vor allem zahlreiche Fotografien, die einen Zugang ermöglichen. Neben frühen Dokumentationen seiner Arbeit an Gipsplastiken im Garten des Atelierhauses in Meudon bietet der eindrucksvolle Fotozyklus Ernst Scheideggers (192-2016) das umfassendste Bild seiner Arbeitsstätten. Er begleitete Arp Mitte der 1950er Jahre während der Arbeit an der monumentalen Außenplastik „Wolkenhirte“ und hält zudem die Atmosphäre der Ateliersituation bei Paris fest. Obwohl das Atelier der reale Ort seines Schaffens ist, bleibt Arps geistiges Atelier zeitlebens die „große Werkstatt der Natur“ und er bewahrte sich die romantische Sichtweise eines Träumers. Viele seiner Skulpturen scheinen auf eine geheimnisvolle Welt zu verweisen und so versteht Arp es auch durch seine Skulpturen mit Märchenhaftem zu faszinieren.

https://arpmuseum.org